Die letzten Wochen machen leider immer deutlicher, dass wir unseren Wohlstand nicht halten können. Zumindest nicht, wenn wir alles so weiterlaufen lassen wie bisher. Da genügt ein Blick auf die Zahlen: Die Zahl der Erwerbstätigen wird bis 2030 von rund 45 Millionen auf rund 40 Millionen schrumpfen. Mit Blick auf die immer älter werdende Bevölkerung müssen wir endlich unsere Versorgungssysteme umbauen. Das gilt für alle Sozialsysteme – vor allem für die Rente und die Gesundheit. Weniger Beitragszahler bedeuten weniger Steuereinnahmen und weniger Sozialbeitragseinnahmen.
Ein zweiter wichtiger Faktor ist die Standortqualität. Viele Unternehmen wandern ab ins Ausland. Fachkräftemangel, ständig steigende Lohnzusatzkosten, hohe Energiepreise, die verschlafene Digitalisierung, die komplexe Bürokratie – all das hängt uns bereits heute am Hals wie ein Bremsklotz.
Die Bundesregierung steuert uns mit Hilfspaketen durch die Krise. Das ist gut und richtig. Das bedeutet aber auch: Mit den Entscheidungen, die die Politik in den nächsten Monaten trifft, stellt sie die ökonomischen Weichen für die nächsten Jahrzehnte. Aktuell verlieren wir Strukturen, die nicht wiederkommen. Was wir brauchen, sind weniger Regulierungen und Belastungen – und dafür eine neue Dynamik für unsere Wirtschaft.
Deutschland muss endlich besser und schneller werden. Das gilt für alle Bereiche – auch für den Arbeitsmarkt, der von einem eklatanten Arbeits- und Fachkräftemangel geprägt ist. Die bürokratischen Hürden sind für Zuwanderer, die bei uns arbeiten wollen, viel zu hoch. Den Leistungswilligen und Ehrgeizigen, die in unser Land wollen, müssen wir schon mehr bieten.
Das Kernproblem für die fehlenden Strukturreformen ist, dass dafür der Druck im Kessel fehlt. Druck, wie ihn Altbundeskanzler Gerhard Schröder damals vor der Agenda 2010 hatte. Diese Gemengelage ist hochgefährlich: Seit Jahren verlieren wir an Wettbewerbsfähigkeit. Gleichzeitig steigen die Chancen für die Beschäftigten am Arbeitsmarkt aufgrund des Arbeitskräftemangels. Es kommt bei den Beschäftigten also gar nicht an, dass die wirtschaftliche Basis unseres Landes bröckelt. Und solange es die Beschäftigten nicht merken – und somit die Wähler – bewegt sich die Politik auch nicht.
Deshalb appelliere ich an die Bundesregierung: Denken Sie gemeinsam mit uns Unternehmern bereits heute an die Zukunft unseres Standortes.
Es grüßt Sie herzlich,
Ihr Dr. Rainer Dulger Arbeitgeberpräsident
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