BDA Agenda
Dr. Rainer Dulger

STANDPUNKT
VON DR. RAINER DULGER


Unternehmen haben sich in der Vergangenheit während Corona als sehr anpassungsfähig und innovativ erwiesen. Allerdings setzen Digitalisierung, Dekarbonisierung, demografischer Wandel und De-Globalisierung die Unternehmen einander überlappend unter Druck. Der internationale Wettbewerb sortiert sich neu und erzwingt für den Hochlohnstandort Deutschland nicht nur die Revision zahlreicher Lieferketten - sondern auch eine Anpassung der bisherigen Arbeitsmodelle und Strukturen. All das verläuft unter den Randbedingungen eines Fach- und Arbeitskräftemangels.

Wir leben deshalb in Zeiten, die klare Analysen und beherztes Handeln erfordern. Deutschland steht vor den größten wirtschaftlichen Umwälzungen in der Geschichte der Bundesrepublik. Der Krisencocktail – Strukturwandel, Krieg, Inflation, Energieunsicherheit, Corona – ist eine gefährliche Mischung. Die vergangenen 70 Jahre waren geprägt von Wachstum und steigendem Wohlstand. Doch jetzt befinden wir uns an einem für unser Land kritischen Punkt. Die politischen Weichenstellungen, die wir in dieser Legislatur vornehmen, werden über die Wettbewerbsfähigkeit und damit über die soziale Sicherheit Deutschlands in den kommenden Jahrzehnten entscheiden.

Wir werden in eine Ära des stagnierenden, wahrscheinlich sogar des schrumpfenden Wohlstands eintreten – wenn wir nicht gegensteuern. Doch die Handlungsnotwendigkeit scheint in der Politik nicht bei allen angekommen zu sein. Dabei sind die Fakten deutlich: Seit Jahren verliert Deutschland an internationaler Wettbewerbsfähigkeit. Deutschland ist auch kein Top-Standort mehr für Investoren. Wenn wir jetzt nicht gegensteuern, ist das goldene Zeitalter bald vorbei.

Der Tanker Deutschland muss neu auf Kurs gebracht werden. Die Politik muss den Kompass und das Wetter richtig lesen – und endlich reagieren. Sonst droht eine Irrfahrt.

Folgende Maßnahmen sind entscheidend, damit der Begriff „Dynamik“ nicht nur eine leere Hülle bleibt:

  1. Wir brauchen mehr Ehrgeiz bei der Veränderung! Die Zukunft liegt in mehr Wettbewerbsfähigkeit. Wir sollten uns Ziele setzen, die das größte und wirtschaftlich stärkste Land Europas wieder zur alten Stärke zurück verhilft. Ganz nach dem Motto: Fly with the eagels or scratch with the chickens?
  2. Wir müssen wieder spitze werden wollen! Der Strukturwandel muss aktiv von uns Unternehmern gestaltet werden. Ein Strukturwandel lässt sich nicht zentral aus Berlin steuern! Wir müssen einfacher, schneller und flexibler werden. Der viel zu enge ordnungspolitische Rahmen, den der Staat setzt, wirkt wie ein schwerer Anker für die Wirtschaft. Aktuell verlieren wir Strukturen, die nicht wiederkommen werden.
  3. Wir brauchen mehr Lust auf Arbeiten! Die Arbeitswelt steht Kopf und wir müssen gemeinsame Lösungen finden. Die Arbeitswelt verändert sich. Der Arbeitsmarkt hat sich zu einem Arbeitnehmermarkt gewandelt. Unternehmen müssen sich überlegen, was sie Bewerbern anbieten können, um im Wettbewerb um die schlausten und innovativsten Köpfe hervorzustechen. Die Arbeitswelt verändert sich. Nicht nur aus Sicht der Arbeitgeber – noch wesentlicher sind die Einstellungen der Beschäftigten zum Arbeitsleben. Gerade da erleben wir eine Revolution. Der Arbeitsmarkt hat sich zu einem Arbeitnehmermarkt gewandelt. Unternehmen müssen sich überlegen, was sie Bewerbern anbieten können, um im Wettbewerb um die schlausten und innovativsten Köpfe hervorzustechen.
  4. Wir brauchen mehr Anerkennung wirtschaftlicher Stärke! Nur mit einer starken Wirtschaft gibt es auch ein starkes Land. Die politisch Verantwortlichen in Deutschland stellen derzeit die Moral vor den wirtschaftlichen Erfolg. Gewinn wird diskreditiert, Eigentum nicht als Motor für Wohlstand gesehen, sondern als Bemessungsgrundlage für Substanzsteuern. Mit diesem Mindset wird nicht nur der Standort, sondern auch die Energiewende und der Kampf gegen den Klimawandel scheitern.
  5. Und wir brauchen mehr Freiheit und weniger Vollkasko! Die Politik muss die Regulierungsbremsen lösen. Der Staat hat in der Krise Stärke gezeigt. Wirtschaftshilfen, Kurzarbeitergeld, Gaspreisbremse und die Abgabenfreiheit der Einmalzahlung – all das waren wichtige Maßnahmen, um die Wirtschaft zu stützen und Arbeitsplätze zu sichern. Wenn Märkte völlig aus dem Lot geraten, muss der Staat eingreifen. Aber wir müssen aufpassen, dass wir uns nicht an diesen allgegenwärtigen, unterstützenden Staat gewöhnen. Wir müssen wieder zu den Regeln der Sozialen Marktwirtschaft zurückfinden.

Um das klar zu sagen: Ich bin ein Anhänger der Sozialen Marktwirtschaft und der Sozialpartnerschaft. Aber in unserem Land ist einiges aus der Balance geraten. Deshalb bin ich der Meinung: Wir brauchen eine neue Dynamik in der Wirtschaft und in der Arbeitswelt!

Es grüßt Sie herzlich,

Ihr Dr. Rainer Dulger
Arbeitgeberpräsident

 

THEMA DER WOCHE

Elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung

Foto: ©Bundesregierung | Jochen Eckel

Die Digitalisierung fordert neue Antworten

Mit wem reden, wenn es um die Digitalisierung geht? Der Chef des Bundeskanzleramts Wolfgang Schmidt ist eine der ersten Adressen. Der Digitalrat der BDA hatte einige Punkte zum Thema „Arbeitsmarkt“ mitgebracht.
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KOMMENTAR DER WOCHE

Dr. Michael Niggemann
Mitglied des Vorstandes für Personal und Infrastruktur sowie Arbeitsdirektor der Deutschen Lufthansa AG


Volle Arbeitszeiterfassung in Vertrauensarbeitszeitmodellen – kein Modell von Morgen

Ein moderner Arbeitszeitrahmen muss sich an den Erfordernissen der deutschen Wirtschaft und zunehmend diversen Tätigkeitsbildern orientieren. Die abstrakten Ziele der Reform von 1994 sollten auch heute gelten: „Mit dem Gesetzentwurf sollen […] die Rahmenbedingungen für flexible und individuelle Arbeitszeitmodelle verbessert werden.“ Dies muss auch heute weiterhin Umsetzungsmaßstab sein.
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EXTRA DER WOCHE

Soziale Selbstverwaltung

Die Tatsache, dass Arbeitgeber- und Versichertenvertreter in den Organen der Selbstverwaltung partnerschaftlich zusammenwirken, ist von erheblicher Bedeutung. Die Zusammenarbeit dient der praktischen Verwirklichung des sozialen Rechtsstaats und dem Erhalt des sozialen Friedens. Mehr

 

VIDEO DER WOCHE


Kongress Arbeitsrecht 2023 - Rede von Arbeitgeberpräsident Dr. Rainer Dulger

Der diesjährige Arbeitsrechtskongress unter der Schirmherrschaft des Arbeitgeberpräsidenten Dr. Rainer Dulger beschäftigte sich mit zentralen Fragen des Arbeitsrechts. Hochkarätige Referenten aus Verbänden, Unternehmen, Ministerien, Rechtsprechung, Wissenschaft und Praxis unterrichteten die Teilnehmenden über die aktuellsten Entwicklungen, die für Betriebe und Beschäftigte von ausschlaggebender Bedeutung sind.

 

ZAHL DER WOCHE

 

3,4

Die durchschnittlichen Bruttomonatsverdienste der Beschäftigten lagen 2022 um 3,4 Prozent höher als im Vorjahr.

Quelle: Statistisches Bundesamt

 

ZITAT DER WOCHE

"Wir wollen Menschen, die hier bei uns leben und arbeiten wollen, mit Wertschätzung und Anerkennung begegnen – ganz gleich woher sie kommen."

Nancy Faeser
Bundesministerin des Innern und für Heimat


Quelle: Twitter
 

Tweet der Woche

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Quelle: Twitter BDA @DieBDA am 7. Februar 2023
 

BERICHT AUS BRÜSSEL

Was uns Arbeitgeber in Europa bewegt

Die von EU-Beschäftigungskommissar Nicolas Schmit eingesetzte „High-Level Group on the future of social protection and the welfare state“ hat am 7. Februar 2023 ihren Bericht zur Zukunft der europäischen Sozialsysteme und des Wohlfahrtstaats vorgestellt. Im Fokus liegen Untersuchungsergebnisse zur Finanzierung des Sozialstaats sowie den Zusammenhängen mit einer sich verändernden Arbeitswelt. Leider wurde hier die Chance vertan, objektive Lösungsvorschläge für die Herausforderungen zu finden, vor denen unsere sozialen Sicherungssysteme stehen. Es ist davon auszugehen, dass die Empfehlungen der Gruppe die sozialpolitische Agenda der EU maßgeblich beeinflussen werden. Mehr

 
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Handelsblatt
Arbeitgeberpräsident sieht Unternehmen zunehmend unter Druck
„Deutschland steht vor dem größten wirtschaftlichen Umbruch seit Bestehen der Bundesrepublik“, sagte Arbeitgeberpräsident Dr. Rainer Dulger im Gespräch mit Journalisten. Um den „Tanker Deutschland“ auf Kurs zu bringen, fordert er mehr Dynamik in der Wirtschaft und auf dem Arbeitsmarkt. „Wir brauchen weniger Regulierung, wir brauchen mehr Tempo, wir brauchen mehr Ehrgeiz.“
Originalartikel
 
Rheinische Post
Arbeitgeber plädieren für Willkommenskultur für ausländische Fachkräfte
„Die Arbeitgeber fordern von der Bundesregierung mehr Tempo bei der Zuwanderung in Beschäftigung. „Wir müssen in den nächsten Jahren den demografischen Wandel abfedern“, erklärte BDA-Hauptgeschäftsführer Steffen Kampeter. „Ohne Fach- und Arbeitskräfte aus dem Ausland werden wir unseren Wohlstand nicht halten.“
Originalartikel
 
Frankfurter Allgemeine Zeitung
Rahmenbedingungen für Auszubildende deutlich verbessern
Arbeitgeberpräsident Dr. Rainer Dulger spricht sich dafür aus, die Rahmenbedingungen für Auszubildende deutlich zu verbessern, etwa bei den Azubi-Tickets. „Sonst verlieren wir den Kampf gegen Fach- und Arbeitskräftemangel - und damit ein Stück Wohlstand und Zukunftsfähigkeit.“ Deutschland brauche nicht nur Master, sondern auch Meister.
Originalartikel
 
Deutschlandfunk
Arbeitgeberpräsident gegen Subventionswettlauf mit USA
Arbeitgeberpräsident Dr. Rainer Dulger hat vor einem Subventionswettlauf mit den USA gewarnt. Transformation müsse durch Anreize gesetzt werden, so Dulger. Wer etwa die Chipfertigung in Deutschland ausbaue, solle von einer Förderung profitieren. Mit Subventionen werde oftmals eine nicht lebensfähige Wirtschaft erhalten.
Originalartikel
 
Welt am Sonntag
Begraben unter Akten: Arbeitgeber kritisieren EU-Berichtsstandards
Die EU-Kommission will die Nachhaltigkeitsberichterstattung auch für kleinere Unternehmen einführen. Aus Sicht der Arbeitgeber geht die Einführung komplizierter EU-Berichtsstandards in die falsche Richtung. „Unternehmen brauchen ihre Arbeitskraft für Innovationen und Wertschöpfung, nicht für zusätzliche EU-Bürokratie“, erklärt BDA-Hauptgeschäftsführer Steffen Kampeter.
Originalartikel
 
 
 
+ + + BDA PRESSE-INFO + + +
 
Die Rahmenbedingungen für Auszubildende müssen deutlich verbessert werden

Die Politik muss mehr für die Ausbildung werben. Wir brauchen nicht nur Master – wir brauchen ebenso Meister. Sonst verlieren wir den Kampf gegen Fach- und Arbeitskräftemangel – und damit ein Stück Wohlstand. Im vergangenen Ausbildungsjahr konnten rund 70.000 Ausbildungsplätze nicht besetzt werden. Ich würde mich freuen, wenn wir diese Zahl für dieses Ausbildungsjahr deutlich minimieren könnten.
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AKTUELLES AUS DEN MITGLIEDSVERBÄNDEN
Die Umsetzung der EU-Whistleblowing-Richtlinie in nationales Recht geht wieder einmal über europäische Vorgaben hinaus.
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Tarifrunde 2023: „Klare Sicht auf die Zahlen!“
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Ein Innovativer Ansatz stärkt die persönliche Motivation und Arbeitsmarktchancen.
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KALENDARIUM

13.
   FEB   
Landesgeschäftsführerkonferenz
14.
   FEB   
Arbeitskreis Normung
20.
   FEB   
Projektgruppe Mobile Arbeit
22.
   FEB   
Projektgruppe Betriebsverfassung
28.
   FEB   
Virtueller BDA-Lunchtalk „Krisen allerorten: Brauchen wir eine EU-Regulierungsbremse?"
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